Am Wochenende (10. Und 11. Oktober) findet mit dem Bundesliga-Finale das erste große nationale Judo-Event in Deutschland statt. Weil die Bundesligasaison 2020 aufgrund von Corona gestrichen werden musste, entschloss sich der Deutsche Judo-Bund kurzerhand, die Saison in Turnierform an einem einzigen Wochenende auszurichten. Mit dem KSC Asahi Spremberg und der weitläufigen Niederlausitzhalle in Senftenberg, die durch Großveranstaltungen wie dem Deutschen Jugendpokal erprobt ist, wurden schnell ein Ausrichter und der passende Ort für ein Event dieser Größe in Zeiten der Pandemie gefunden.
„Der wichtige Wiedereinstieg in den Wettkampfbetrieb der Bundesliga steht vor der Tür. Wir persönlich freuen uns alle sehr auf das Ligafinale und auf diese Veranstaltung“, heißt es in der Erklärung des DJB-Vorstandes vom vergangenen Wochenende.
Trotz aller Euphorie sucht man auf den Startlisten vergeblich nach Teams aus Hannover und dem Land Niedersachsen – obwohl der NJV zunächst mit vier gemeldeten Mannschaften vertreten war. In der ersten Bundesliga hätte das Judo-Team Hannover sowohl bei den Männern, als auch bei den Frauen um die Medaillen mitkämpfen wollen. Mit dem VfL Stade und dem TuS Hermannsburg hätten auch die befreundeten Vereine aus der zweiten Liga der Gruppe Nord, die ihre Kämpfe ebenfalls am Sonntag austragen werden, erfolgversprechend teilgenommen.
Die Gründe für den Rückzug aller Mannschaften sind ähnlich und liegen in den coronabedingten Hürden begründet, die die Großveranstaltung mit sich bringt. „Wenn sich nur einer den Virus holen würde, würden wir unseren ganzen Stützpunkt lahmlegen“, begründet unser Trainer den Rückzug gegenüber der HAZ. „Wir haben eine große Verantwortung, verlangen von unseren Nachwuchskämpfern viel in puncto Hygiene. Da müssen wir Vorbilder sein und dürfen nicht zu viel Risiko eingehen.“
Andere Mannschaften hatten neben der allgemeinen Unsicherheit mit weit mehr Problemen zu kämpfen. Frank Walzer (TuS Hermannsburg) und Egon Krien (VfL Stade) etwa, zu deren Rumpfteam seit Jahren auch Kämpferinnen aus Polen und den Niederlanden gehören, hatten gehörige Probleme, was die teils undurchsichtigen und sehr kurzfristig kommunizierten Ausländerregelungen betrifft. Denn laut Ausschreibung gilt, dass ausländische Kämpferinnen einen deutschen Negativ-Test bei der Waage hätten vorlegen müssen. „Diese Regelung ist finanziell und organisatorisch sowohl als Verein, als auch aus Sicht der Kämpferinnen schwer umzusetzen. Unsere externen Kämpferinnen hätten schon Tage vorher nach Deutschland einreisen müssen, um sich vor Ort testen zu lassen“, äußert Walzer seine Unzufriedenheit. Die Option, das Finale ohne die Unterstützung der ausländischen Kämpferinnen zu bestreiten, ergab jedoch weder für die Hermannsburger Frauen, als für die Stader Athletinnen Sinn – und die Absage folgte. „Die Moral sagt ja, aber die Vernunft nein“, sagt Egon Krien, der dem DJB die historische Absage schweren Herzens mitteilen musste. Das erste Mal in der Geschichte seines Vereins wird es keine Teilnahme an einer Liga geben.
Aufgrund der fast ausschließlich heimisch besetzten Teams hatte das Judo-Team Hannover mit seinen beiden Mannschaften zwar nicht mit der Ausländerproblematik zu kämpfen – trotz Hygienekonzept blieben die Zweifel bei einem Event dieser Größe jedoch bestehen.
Gemeinsam mit den Niedersachsen gaben nach und nach diverse andere Mannschaften ebenfalls ihre Absage bekannt, darunter auch die Deutschen Meister der Vorjahre, der TSV Abensberg bei den Männern und der JSV Speyer bei den Frauen.
Auch wenn somit die Chance, vorne mit um die Medaillen zu kämpfen so groß wie lange nicht mehr war, blieb es beim Rückzug.
„Es ist wirklich schade, und es tut uns echt leid – auch weil wir wissen, wie viel Arbeit sie in Spremberg in die Veranstaltung hineingesteckt haben. Aber wir haben nun einmal eine Pandemie“, heißt es aus den Reihen der JTH-Ladies.
Konsequenzen haben die Absagen der Teams übrigens nicht. Der Deutsche Judo-Bund kommt den Mannschaften insofern entgegen, als dass alle Vereine ihren Bundesliga-Platz auch für das kommende Jahr behalten. Insofern gilt ab jetzt: Daumen drücken für eine erfolgreiche Saison 2021.
Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesligafinale trotz der geringen Teilnehmerzahlen die geplante Signalwirkung für den Judosport beibehält. Denn es ist klar, dass sich der Sport in diesen schweren Zeiten nur durch gut durchplante Events von den Auswirkungen der Krise erholen und gegenüber anderen Sportarten behaupten kann.