Jürgen Klinger, der die Judowelt jahrzehntelang international geprägt hat, ist im Alter von 71 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben. Mit Ihm verlieren wir einen Spitzentrainer und Mentor, der sich immer mit seiner ganzen Persönlichkeit für den Sport eingesetzt hat.

Jürgen Klinger wurde 1951 in Hannover Langenhagen geboren. Er begann im Alter von 12 Jahren mit dem Judosport und feierte als Jugendlicher schon seine ersten Erfolge. Viele Jahre stand Klinger für den PSV Braunschweig in der ersten Bundesliga auf der Matte. Seine größten Einzelerfolge feierte er bei den deutschen Polizeimeisterschaften 1980 und 1982 mit dem Titelgewinn.

Nach dem Ende seiner aktiven Wettkampfkarriere begann er sein Studium zum Diplomtrainer des DOSB in Köln. Parallel startete er seine Karriere als Landestrainer in Niedersachsen. Dieses Amt er bekleidete er von 1982 bis 2004.
1987 gründete Klinger zusammen mit weiteren Judoka einen neuen Verein: das Judo Team Hannover. Sein Ziel war es den Leistungssport Judo in Hannover zu etablieren und mit einer jungen Mannschaft in die Bundesliga aufzusteigen.

Seine herausragende Stärke als Stratege, Planer und Trainer zeigte sich zu diesem Zeitpunkt in nationalen und internationalen Einzelerfolgen seiner Athleten aus Hannover. Er besaß einen außergewöhnlichen Blick für die Stärken jedes einzelnen. Neben vielen nationalen und internationalen Medaillen und Titeln seiner Athleten und Athletinnen sind besonders zu erwähnen: Stefan Freudenberg mit dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft 1989, die Vizeweltmeisterschaft 1997 und die Olympiateilnahmen 1996 und 2000 von Anja von Rekowski sowie der dritte Platz bei der Europameisterschaft 1991, die Olympiateilnahmen 1992 und 1996 von Detlef Knorrek.

Das der Judosport in Hannover und als Bundesstützpunkt heute ein so hohes Ansehen genießt, ist der Verdienst der hervorragenden sportpolitischen Arbeit von Jürgen Klinger, die er seit den 1980er Jahren geleistet hat. Judo wurde unter ihm Schwerpunktsportart und bekam am Olympiastützpunkt Hannover einen hohen Stellenwert. Der Umzug aus der alten Trainingsstätte ins damalige Bundesleistungszentrum und damit die vollständige Integration in den hannoverschen Spitzensport waren sein Verdienst in dieser Zeit.

Klinger hatte als Mensch und Mentor immer ein offenes Ohr für alle seine Athleten und Athletinnen. Über den Sport hinaus war er für sie ein Ansprechpartner: Themen wie Ausbildung, Schule, Studium, Wohnungssuche, in allen Bereichen stand er als Ratgeber aktiv zur Seite. Er war der Erste, der morgens auf der Matte stand, wenn die Sportler zum Training kamen, und er war der Letzte, der die Halle verlies.
Viele Sportler unterschiedlichster Generationen sahen die Trainingsstätte, unser Dojo, durch ihn als ihr Zuhause und das Team als Ihre Familie.

2006 startete Klinger einen neuen Lebensabschnitt in Bath, England, wo er zusammen mit seiner Frau Sandra Klinger eine ebenso erfolgreiche Ära für das Team Bath Judo einläutete.
Den Höhepunkt dieser Erfolgsgeschichte bildete der Start der Geschwister Meghan und Ben Fletcher bei den Olympischen Spielen 2021.

Nach seinem letzten offiziellen Einsatz als Trainer bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 verlagerte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war Klinger weiter als Mentor und Coach für Judogrößen wie Luise Mahlzahn und Theresa Zenker tätig.

Detlef Knorrek: „Jürgen hat mich seit meinem 16. Lebensjahr begleitet, mich zwei Mal zu den Olympischen Spielen geführt. Er war für mich der kompletteste Trainer in meiner Karriere und dazu ein fantastischer Mensch. Er hat ein enormes Lebenswerk vollbracht und unzählige Menschen auf seinem Weg in mannigfaltiger Weise berührt.“

Jan Wilhelm: „Jürgen hat unser aller Leben entscheidend mitgeprägt: Die Art und Weise wie wir heute durchs Leben gehen und wer wir sind. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein.“

Klinger, Träger des 7. DAN war auf vielen Matten dieser Welt bekannt und ein geschätzter Gast bei Turnieren und Trainingslagern.

Jürgen Klinger ist am 08. Januar 2023 plötzlich und unerwartet im Alter von 71 Jahren in Berlin verstorben. Wir sind mit unseren Gedanken bei seiner Frau Sandra und der Familie und Freunden.